Kirche als Werteanker für unsere Demokratie
(17.2.2022) Newsdesk und Tresen, Redaktion und Küche, Solinger Tageblatt und Gasthaus Schaaf: Philipp Müller ist in zwei Welten zuhause. Zu Pfingsten kommt noch KIRCHEnMORGEN hinzu. In unserer Rubrik „3 Fragen…“ erzählt er, warum er dabei mitmacht.
Zusammen mit anderen bereitet Müller Bei der Pfingstwerkstatt KIRCHEnMORGEN die Werkstatt „Imbiss“ vor. Spannend findet der Tageblatt-Journalist und Wirt besonders die Frage, was die Kirche von einem Gasthaus lernen kann.
Wie sind Sie zu KIRCHEnMORGEN gekommen? Was ist Ihre Aufgabe bei KIRCHEnMORGEN?
Für KIRCHEnMORGEN wurde ich von Pfarrer Jo Römelt angesprochen, mit dem ich seit vielen Jahren einen regen Austausch über die Menschen in Dorp, das Zeitgeschehen, die Bedeutung von Kirche und die Welt pflege. Er meinte, ich sei die ideale Besetzung für das Thema Imbiss. Okay. Nach dem Motto „Essen hält Leib und Seele zusammen“ werde ich daher meine gastronomische Seite ausspielen. Da werden wir gemeinsam die Vorbereitungen für das Mittagessen treffen und dabei die Chance zum Gespräch suchen, über das Essen, seine Herkunft und die Wertschätzung des gemeinsamen Kochens und Essens zu reden. Der zweite Punkt wird meine Arbeit mit Texten in den Mittelpunkt rücken. Wir werden über die Bedeutung des Wortes reden. Was können persönliche Aussagen, mediale Schlagzeilen und die jeweilige Formulierung fördern oder auch anrichten, wenn man sie zum falschen oder richtigen Zeitpunkt als intellektuellen, provozierenden, erklärenden oder auch mitfühlenden „Happen“ serviert? Da ich viele Jahre auch als Satiriker gearbeitet habe, möchte ich motivieren, den Sinn, die Aufgabe und die Konstruktion von Ironie als manchmal geeignetes Sahnehäubchen zu erklären. Dabei geht es darum, über Sprache Distanz und Nähe zugleich zu schaffen. Klingt auf den ersten Blick sperrig, aber wer es verstanden hat, geht durch den zweiten Blick mit mehr Witz gestärkt aus dem Imbiss.
Warum hat es Sie gereizt, bei KIRCHEnMORGEN mitzumachen? Und worauf freuen Sie sich?
Reiz ist beim Thema Imbiss im KIRCHEnMORGEN schon das entscheidende Wort. Ich bin der festen Überzeugung, dass die Kirche auch in der Zukunft die Aufgabe haben wird, als Werteanker für unsere Demokratie Impulse in die Gesellschaft zu setzen und darüber zur Diskussion anzureizen. Dabei ist zunächst gar nicht wichtig, ob das von Gläubigen oder Ungläubigen wahrgenommen wird. Bei den beiden Imbisstagen hoffe ich, das Antworten gefunden werden, wie man genau diesem Anspruch künftig gerecht werden kann – und möglichst nicht als gelegentliches Häppchen, sondern durchaus als opulentes Mahl. Worauf ich mich freue? Zunächst natürlich über den Kontakt zu neuen Menschen. Das ist immer reizvoll – und hoffentlich befruchtend.
Warum kann die Evangelische Kirche einen KIRCHEnMORGEN gut gebrauchen?
Ich sprach schon vom Werteanker. Der kann nur gelebt werden, wenn die Kirche von ihrem Selbstverständnis her offen ist, ohne sich dabei selbst zu verleugnen. Es ist sichtbar, dass dies nicht mehr so in die Breite der Gesellschaft gelingt, dass es ein Selbstläufer wäre. Warum das so ist, mag am Ende sehr vielseitig sein. In einer Zeit von medial verknappten und eher bunt geprägten Diskussionen und solchen in den sozialen Medien, die oft von einer überhitzt verstandenen und gelebten Debattenkultur der Schnellschüsse lebt, ist das aber auch nicht verwunderlich. Familie, Freunde, Arbeitskollegen, aber eben auch Kirche werden da in einer immer stärker individualisierten Gesellschaft jeweils schnell zum Imbiss jedes einzelnen Menschen, den man sich dann aus dem eigenen Regal greift, wenn man ihn gerade braucht. In diesem Sinne kann Kirche den KIRCHEnMORGEN brauchen, um für sich zu definieren, wie sie wieder selbst Teil des Regals mit den Eigenschaften eines Bausteins für das Fundament unseres Zusammenlebens wird und im schlimmsten Fall nicht zum beliebigen Imbiss verkümmert. Ich fürchte, das wird nicht ganz einfach, denn das ist keine Einbahnstraße. Ein friedliches Miteinander, das den Raum für Glaubensausübung, Toleranz und Respekt anbietet und auch vehement fordert, muss letztlich von allen gelebt werden. Wenn der KIRCHEnMORGEN zumindest diese Erkenntnis vertiefen hilft, ist aber schon etwas auf dem langen Weg gewonnen – auch für den Pfad, ob und wie Gott dabei eine Rolle spielen muss, darf oder soll.